Wie Vitus Winkler die heimische Küche revolutioniert
Vitus Winkler zählt zu den Shooting-Stars der österreichischen Kochszene. Zusammen mit seiner Frau Eva-Maria übernahm er 2012 das Verwöhnhotel Sonnhof in St. Veit im Pongau. Im dazugehörigen Haubenrestaurant begeistert er tagtäglich seine Gäste. Sein revolutionärer Ansatz holt dabei unter anderem die traditionelle alpine Küche in die Gegenwart. Die raffinierten Kreationen spiegeln ganz klar seinen engen Bezug zur Natur und zu seiner Heimat wider.
Im Interview mit HOGASTJOB erzählt uns der Haubenkoch, was ihn inspiriert, warum er auf Regionalität Wert legt und was er an seinem Beruf so liebt.
Haubenkoch Vitus Winkler im Interview
„Nicht daheim und doch zuhause“, so lautet das Motto im Verwöhnhotel Sonnhof. Genau diesen Ansatz erkennt man auch in deinem Essen. Für die Menüs verwendest du hochwertige Lebensmittel aus dem Salzburger Land. Wieso ist dir Regionalität so wichtig?
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Weil es der einzig richtige Schritt ist, die heimische Wirtschaft zu unterstützen und dabei noch unsere Natur intakt zu halten. Unsere Landwirte leisten Enormes – ohne sie hätten wir nie diese schöne Kulturlandschaft und alles, was wir daraus gewinnen. Auch die wertvollen Zutaten, die uns guttun, gäbe es dann nicht. Wir leben wirklich in einem gelobten Land, und damit das so bleibt, sollte jeder seinen Teil dazu beitragen und regionale Lebensmittel kaufen.Wenn hier aber von der Restaurantbranche insgesamt die Rede ist, müssen wir in Sachen Regionalität eher von ganz Österreich sprechen. Wir im Salzburger Land erzeugen Großteils Milch und Rindfleisch – Schweine gibt es fast nicht. Ich habe das Glück, die Freilandschweine von Max Mann aus Hüttau zu beziehen.
Vitus winkler
Mit deinen Gerichten erzählst du ganze kulinarische Geschichten und stellst dabei auch einen Bezug zwischen dem Essen und seiner Herkunft her. Warum spielt die Story hinter den Lebensmitteln und Menüs eine so zentrale Rolle für dich?
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Wir wollen den Leuten mehr vermitteln als nur gutes Essen. Lebensmittel sind MITTEL ZUM LEBEN. Das muss uns definitiv allen bewusst werden. Wir sollten uns jeden Tag fragen, was wir in uns hineinschaufeln. Wir leben im 21. Jahrhundert und wissen oft nicht mehr, wo unsere Lebensmittel herkommen, wenn wir in einem Restaurant essen. Das möchte ich mit den Geschichten ändern und so bleiben die Gerichte auch leichter im Gedächtnis unserer Gäste. Denn wer einmal ein „Karottenfeld“ gegessen hat, der vergisst das nicht so schnell.
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Du giltst unter anderem als Pionier der modernen alpinen Küche. Was können wir uns darunter vorstellen? Wie unterscheidet sich dein Ansatz von der traditionellen alpinen Küche? Und wie holst du sie ins Hier und Jetzt?
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Wir heben die Lebensmittel auf eine eigene Ebene, ohne dabei unsere Wurzeln zu vergessen. Jedes Gericht spielt sich auf einer Höhenlage ab: im Dorf, am Feld, in Fluss & See, Wald & Wiese, bis zur Baumgrenze, auf der Alm oder am Gipfel. Dabei erzählen wir mit unseren Kreationen Geschichten und zeigen die Vielfalt unserer Heimat auf. Wir verarbeiten regionale und hochwertige Lebensmittel von unseren Bauern. Wir verbinden sie mit selbst gesammelten Wildpflanzen aus Wald und Wiese. Und wir bringen die überlieferten Rezepte mit neuen Techniken in das 21. Jahrhundert.
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Dabei schlägst du auch immer wieder den Bogen zwischen dem Ursprünglichen und dem Innovativen. Wo holst du dir die Inspiration für deine Kompositionen?
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Ich liebe es, neue Lebensmittel zu probieren und dann zu überlegen, was man daraus machen kann und was damit harmoniert. Die meisten Ideen kommen mir aber bei meinen Kräuter-Wanderungen. Dabei gibt mir die Natur eigentlich schon die Richtung für ein Gericht vor. In den Höhenlagen, am Fluss, im Wald oder auf den Almwiesen: Da sind die Inspirationen nicht weit bis zum Gipfel der Genüsse, den hoffentlich jeder bei uns im Restaurant Kräuterreich erlebt!
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Das Glück liegt oft so nah – und auch in Sachen Genuss muss man definitiv nicht in die Ferne schweifen. Mit welchen außergewöhnlichen, aber auch weniger bekannten Lebensmitteln aus der Region kochst du aktuell am liebsten?
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Meine klaren Favoriten sind Wildpflanzen aller Art: Franzosenkraut, Vogelbeeren, Tannennadeln oder Baumbart ... Sie stehen übrigens auch im Mittelpunkt meines 2019 erschienenen Buches „Kräuterreich: Geheimnisse der alpinen Küche“ . Wir verarbeiten in unserer Küche über hundert verschiedene Garten- und Wildkräuter. Allesamt werden sie von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von mir selbst gepflückt. So verbinden wir die Arbeit mit dem wohltuenden Aufenthalt draußen in der Natur, sei das nun im Garten oder im Wald.
In meinem Buch ist jedem Gericht ein Kraut zugeordnet. Auch hier fasziniert mich nicht allein der Geschmack, sondern auch die Wirkweisen der Kräuter auf unseren Körper. Es gibt noch so wahnsinnig viel zu entdecken und auszuprobieren. Die Liebe zu den Wildpflanzen und Kräutern hat aber auch mit meiner eigenen, lebenslangen Naturverbundenheit zu tun. Ich bin einfach wahnsinnig gerne draußen unterwegs!
Zu meinen liebsten Kräutern gehören Quendel, Schafgarbe, Bachkresse, Mädesüß und Brennnessel. Aber es gibt noch so viele andere, die ich schätze. Der Geschmack ist das eine. Mindestens genauso wichtig ist aber für mich das Wissen, dass ich durch die Heilwirkung der Pflanzen auch noch etwas Gutes für den Körper tun kann – das macht wirklich Freude beim Kochen!
vitus winkler
Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf – und daran, für und mit anderen zu kochen?
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Ich liebe es, wenn sich meine Mitarbeiter von meiner Passion zum Kochen anstecken lassen und das dann weitertragen. Die Entwicklung vieler meiner jungen Mitarbeiter in so kurzer Zeit zu sehen, macht mir riesige Freude. Und mit unseren Gerichten die Gäste zu überraschen und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, das macht auch wirklich Spaß. Was will man mehr? Wir Köche haben den schönsten Beruf der Welt.
vitus winkler
Welche Tipps würdest du (Hobby-)Köchen geben? Wie kann es uns gelingen, einerseits wieder mutiger bei unseren Kreationen zu werden und uns zugleich mehr auf Regionalität zu besinnen?
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Mein Kochbuch lesen. Aber Spaß bei Seite (lacht)! Ich würde sagen, nehmt euch einfach mal Zeit – und das nicht nur beim Kochen. Schon beim Einkaufen sollte man zum Beispiel einen Bauern aufsuchen und ihn fragen: „Wo kommt´s her und was wächst gerade am Feld?“ Da kommt die Erleuchtung dann von ganz allein, und man wird sich bewusst, dass wir im Paradies leben.
Zuhause koche ich auch jeden Tag, wenn wir unser Hotel geschlossen haben. Natürlich nicht so aufwendig wie im Restaurant, aber die Lebensmittel haben dennoch immer Top-Qualität. Und selbstverständlich sind sie saisonal und regional. Dabei kommen mir auch immer zahlreiche Ideen für neue Kreationen.
vitus winkler
Das Kochbuch „Kräuterreich: Geheimnisse der alpinen Küche“ von Vitus Winker findest du hier.
Du willst dich ebenfalls kreativ verwirklichen und die Restaurantgäste mit einzigartigen Kreationen begeistern? Dir fehlt dazu aber noch die passende Arbeitsstelle? Dann sieh dich gleich bei den vielfältigen Stellenangeboten auf HOGASTJOB um!